Der leichte Fön gibt mir den Blick auf die Alpen frei, die von meinem Sitzplatz aus wie die Krone des Bodensees erscheinen. Ich sitze mit Seminarteilnehmern in einem Restaurant am See und genieße das bezaubernde Ambiente. Das Essen kommt und ich freue mich auf die Gaumenfreude – bis ich den ersten Bissen im Mund habe.

Den konnte ich kaum schlucken, so grässlich war er. Der Knödel war innen kalt, die Soße trotz des vielen Fetts geschmacklos und meine Laune nur mit Mühe unter dem Siedepunkt geblieben. Schade, denke ich, der Wirt könnte mehr aus seiner Toplage machen, wenn er etwas mehr Berufsehre hätte.
Ja, Sie lesen richtig, ich verwende dieses aus der Mode gekommene Wort „Ehre“. Und zwar, weil es der Schlüssel zum Erfolg ist.

Ausreden helfen nicht weiter

Das wurde allen am Tisch Sitzenden klar, als wir über das schlechte Essen in dieser schönen Umgebung diskutierten. Die erste Frage, die spontan geäußert wurde, war: Wie kann sich dieser Wirt mit so schlechter Qualität halten? Wir vermuteten, dass er von den Touristen lebt, die hier zumindest im Sommer scharenweise vorbeikommen. Die kommen unter Umständen kein zweites Mal, aber es gibt eben immer genug, die das Restaurant noch nicht kennen und vom schönen Ambiente angelockt werden.

Unsere Prognose war allerdings, dass sich der Wirt trotzdem nicht lange halten können wird, weil sich die schlechte Qualität irgendwann herumspricht und ganz ohne Stammkunden hat es jedes Restaurant schwer.

Wir sprachen die Bedienung direkt auf den Missstand an und sie entschuldigte sich, sie hätten einen „echt schlechten Tag erwischt“. Bezahlen mussten wir das Essen nicht – immerhin. „Aber“, dachte ich bei mir, „damit können sie das schlechte Essen nicht kompensieren.“ Um meine These zu testen, fragte ich die anderen am Tisch, ob sie wiederkommen würden. Die meisten verneinten. Es ist also wahrscheinlich, dass die schlechte Qualität früher oder später das Geschäft verderben wird.

Eine Sache der Ehre

Nun frage ich mich, wie es überhaupt zu so schlechter Qualität kommen kann. Was ist passiert an diesem Tag? Zu viel Stress? Zu wenig Belegschaft? Mangelhaft ausgebildete Mitarbeiter? Keine Motivation? Ganz im Ernst: Es kann doch eigentlich gar nicht so schlecht werden, wenn Qualität oberste Priorität ist – also eine Sache der Berufsehre. Nein, ich bin überzeugt, dass nur Absicht dahinterstecken kann, wenn die Qualität dermaßen abrutscht.

Wenn mir die Qualität meines Restaurants nämlich am Herzen liegt, gebe ich ungenießbares Essen einfach nicht raus. Dann informiere ich die Gäste, dass die Bestellungen etwas länger dauern werden und liefere trotz Stress die bestmögliche Qualität. Der Kunde hat dann eine klare Ansage und kann sich entscheiden, ob er mein Angebot annimmt oder woanders hingeht.

Wenn ein Wirt so nicht handelt, will er nichts Anderes als abkassieren. Dann hat er kein Ehrgefühl, sondern lässt sich von Habgier treiben. Wie die Aussagen der Seminarteilnehmer gezeigt haben, gefährdet der schnelle Profit auf Dauer allerdings das gesamte Geschäft.

Geben Sie Ihr Bestes!

Und vielleicht geben Sie mir recht, wenn ich sage: Das gilt immer im Leben und im Beruf. Der schnelle Erfolg gefährdet das ganze Projekt. Wenn Sie also etwas machen, dann geben Sie Ihr Bestes. Wenn Sie dazu nicht bereit sind, dann lassen Sie es besser. Denn sonst befinden Sie sich ganz schnell in einem Teufelskreis aus schlechter Qualität, negativem Feedback, sinkender Motivation und noch schlechterer Qualität. Das führt zwangsläufig irgendwann zum Tod des Projekts. Es lohnt sich von vornherein nicht, in so etwas Zeit, Geld und Energie hineinzustecken.

Machen Sie lieber, was Sie wirklich gerne tun wollen. Machen Sie die Qualität zur Ehrensache, für die Sie mit Ihrem Namen und Ihrem guten Ruf einstehen. Das wird Ihnen und Ihrem Projekt auch langfristig den Erfolg sichern.

Und wenn Sie das alles immer noch nicht überzeugt, dann testen Sie das Prinzip doch mal selbst. Gehen Sie dreimal zu einem schlechten Restaurant Ihrer Wahl: Beim ersten Mal könnten es noch die Umstände sein, beim zweiten Mal wird es verdächtig und beim dritten Mal ist es Absicht.

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