„Das Flugzeug für den Flug XYZ123 nach Berlin muss wegen eines Turbinenschadens ausgetauscht werden. Eine neue Maschine wird bis in einer Stunde für Ihren Flug bereitgestellt.“

Vermeldet der Lautsprecher auf dem Züricher Flughafen. „Na gut“, denke ich und überlege, was ich mit der unerwarteten Stunde Pause anfange. Nebenbei registriere ich, wie die anderen Fluggäste auf die Nachricht reagieren.

Verlorene oder gewonnene Zeit?

Frau und Mann, jung und alt – alle meine Mitreisenden ließen sich zu einer von zwei Gruppen zuordnen: Diejenigen, die eine Stunde gewonnen haben und diejenigen, die eine Stunde verlieren.

Der eine Manager rennt mit hochrotem Kopf zum Flugschalter, um sich lautstark zu beschweren – er hat eine Stunde verloren. Der andere hat im Buchladen derweil eine Lektüre gefunden und gewinnt eine Stunde Lesezeit. Die eine Dame lamentiert am Handy über ihr Schicksal, die andere bummelt entspannt über die Ladenzeile. Der eine Jugendliche tigert die ganze Zeit nervös durch die Wartehalle, der andere beobachtet fasziniert, was auf der Baustelle neben dem Terminal vor sich geht.

Wichtigtuer sind echt nicht wichtig

Ob Sie in solchen Situationen Zeit gewinnen oder verlieren, liegt einzig und allein an Ihrer Einstellung zu sich und Ihrem Leben. Nur wer sich selbst zu wichtig nimmt und ständig Bestätigung von außen braucht, vergeudet seine Zeit mit Schimpfen, Verzweifeln und nervösem Getue. Solche Menschen fühlen sich nur wichtig und richtig, wenn jemand anders sich um sie kümmert und ihnen Aufmerksamkeit widmet.

Das Schimpfen mit dem Bodenpersonal ist nichts anderes als die verzweifelte Suche nach Bestätigung. Genauso wie das Telefonieren mit den Bekannten und das nervöse Auf- und Abgerenne. Gewinnen können diese Personen dabei nichts. Sie verlieren nur ihre Contenance, ihre Nerven, ihre Zeit und vor allem vergeuden Sie Energie. Denn ändern können sie nichts. Die Stunde Aufenthalt bleibt eine Stunde, in der sie nicht das tun, was sie geplant hatten.

Die Welt ist nun mal die Welt

Dabei meint es die Welt weder gut, noch schlecht mit Ihnen. Nichts, was auf ihr passiert, hat direkt mit Ihnen zu tun. Der Flug fällt nicht aus, um Sie zu ärgern, zu prüfen oder Ihnen Schlechtes zu tun. Er fällt aus, weil bei der Wartung geschlampt wurde, ein Bauteil schlecht gefertigt war oder die Turbine bei dem vorhergehenden Flug zu viele Vögel eingesaugt hat.

Wer sich selbst nicht zu wichtig nimmt, aber ganz bei sich selbst ist, der akzeptiert die Welt, wie sie ist, und nutzt sie gewinnbringend für sich. So wie manche der Gäste auf meinem Flug: Im Kopf des Jugendlichen reifte vielleicht die Idee, Bauingenieur zu werden, während er auf die Arbeiten draußen schaute. Dem Manager, der las, kam dabei womöglich eine Idee, wie er sein Unternehmen umstrukturieren kann. Andere ruhten sich aus und waren danach vielleicht endlich mal wieder topfit.

Wer bei sich selbst ist, der kennt keine Wartezeit, denn er nutzt jede Minute.

Auf sich selbst hören

Wie Sie die Zeit am besten für sich nutzen können, wissen ja auch nur Sie selbst. Das Bodenpersonal kann Ihnen dabei nicht helfen. Darum hören Sie auf sich, spüren Sie in sich hinein und finden Sie innere Ruhe. Gehen Sie in Ihre Seifenblase. Lassen Sie die Gedanken kommen und gehen. Vielleicht ist etwas Sinnvolles dabei. Und vor allem: Stellen Sie Ihren Fokus richtig ein und nutzen Sie die Zeit, die Sie vermeintlich verloren haben, für sich selbst.

Und sogar wenn Sie die ganze Stunde brauchen, um zur Ruhe zu kommen und auf sich zu hören, haben Sie etwas sehr Wertvolles gewonnen: Sie sind Ihr eigener Zuhörer geworden. Sie haben endlich sich selbst ernst genommen und sie brauchen niemanden mehr, den sie durch Fluchen oder Jammern zwingen, das für Sie zu tun.

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