Kommunikation … warum Talkshows ein schlechtes Vorbild abgeben

Auftreten und Wirkung, Kommunikation
Über Talkshows und Kommunikation - Stefan Reutter

Mein Metier ist die Kommunikation zwischen Menschen. Meine Antennen sind auf die zwischenmenschlichen Frequenzen eingestellt. Und mir wurde damals, im Herbst 2016, plötzlich klar, dass die Kommunikation der Menschen untereinander in unserer Gesellschaft nicht ehrlich, nicht geradeaus, nicht aufrichtig ist. Und zwar im ganz großen Stil. Und dass das schlimme Folgen hat – die Ihnen, mir, die unsere Gesellschaft noch heute schwer zu schaffen machen … Da brauchen Sie nur mal durchs Fernsehen zu zappen ..

Kommunikation, die faszinierend gruselig ist

Manchmal schaue ich mir im Fernsehen Talkshows an. Nicht, weil ich glaube, inhaltlich viel Neues zu erfahren. Oder weil ich so gerne den Diskussionen folge. Nein, das, was mich fasziniert, sind die Gesichter der Teilnehmer, die gerade nicht das Wort haben. Machen Sie sich mal den Spaß und Sie werden schlagartig verstehen, warum es in den Talkshows nie zu einer echten Diskussion kommt und es immer bei der Abfolge von Statements bleibt: Sie hören einander nicht zu! Das sehen Sie den „Gesprächspartnern“ an. Mit ungeduldigem, oft genervtem Gesichtsausdruck lauern sie auf den Moment, wenn der andere Luft holt oder ein Stichwort liefert, bei dem sie einhaken können. Ich finde, das ist ein gruseliger Anblick. Sie sind nicht interessiert an einem Meinungsaustausch, sie wollen ihre Themen und Positionen prominent platzieren und fertig. Sie wollen nicht überzeugen oder überzeugt werden. Sie wollen gewinnen und ihren Gegner niedermachen.

Kommunikation ohne Ergebnisse

Und deshalb gibt es am Ende der Talkshow auch keine neuen Erkenntnisse. Weder beim Zuschauer noch bei den Teilnehmern. Das erwartet und will auch keiner. Stellen Sie sich nur mal vor, Talkgast XY würde im Interview auf die Frage nach seiner Position zu einem bestimmten Thema antworten: „Das kann ich noch gar nicht sagen. Ich will erst mal die Talkshow bei Frau Will heute Abend und dann morgen die Bundestagsdebatte abwarten. Vielleicht liefern mir die Kollegen AZ und BY ja noch Argumente, die mich überzeugen und dazu bringen, meine bisherige Meinung zu revidieren …“ Was für eine hübsche Vorstellung – aber leider völlig undenkbar!

Nein, die Minuten und Stunden an Redezeit bei Fernsehdiskussionen bringen keine neuen Erkenntnisse. Niemandem. Und damit auch keine Lösungen.

Und wohlgemerkt: Mit „Lösung“ meine ich nicht etwa „Kompromiss“!

Was ich mit Lösung meine, ist eine Synthese. Das ist etwas ganz anderes als ein Kompromiss. Bei der Synthese treffen sich nicht zwei irgendwo in der Mitte der direkten Linie zwischen ihren beiden Standpunkten, sie tauschen auch nicht eine Zustimmung gegen eine andere ein. Die Synthese verbindet zwei verschiedene Denkansätze oder Meinungen auf einer neuen Ebene zu einer höheren Einheit – zu etwas wirklich Neuem, das anders ist als die Ursprungsideen. An solchen Synthesen fehlt es uns. Wie sollen sie auch zustande kommen, wenn ihnen der Nährboden fehlt? – Die offene, einander zugewandte Diskussion.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Bitte füllen Sie dieses Feld aus.
Bitte füllen Sie dieses Feld aus.
Bitte gib eine gültige E-Mail-Adresse ein.
Sie müssen den Bedingungen zustimmen, um fortzufahren.