Passt Ihr Lebensrhythmus zu Ihrem inneren Takt?

Ich stand einmal vor dem Schaufenster eines Antiquitätenladens. Zuerst bemerkte ich den Mann gar nicht, der dahinter im Raum an einem alten Tisch arbeitete, weil ich die schönen Möbelstücke betrachtete. Doch dann zog er meine Aufmerksamkeit auf sich.

Wodurch? 

Durch die unglaubliche Ruhe und Kraft, die er ausstrahlte. Ich war fasziniert. Der Mann arbeitete hoch konzentriert, doch gleichzeitig völlig entspannt. Seine Bewegungen waren sparsam und präzise. Er arbeitete langsam, wie ich fand, keine Spur von Hektik. Als ich eine Weile zuschaute, bemerkte ich, wie schnell er trotzdem vorankam. Es war, als ob er seine eigene Zeit hätte. Um ihn herum war ein Zeitfeld, das anders taktete als die Zeit da draußen in der Welt. 

Ich sah ihm weiter fasziniert zu. Dann hatte ich plötzlich das Gefühl, in seine Zeitblase einzutauchen. Ich nahm den Rhythmus seiner Bewegungen auf: gleichmäßig, ruhig, exakt, harmonisch … das kannte ich. Ich erinnerte mich daran, dass ich genau dieses rhythmische Gleichmaß von Bewegungen gespürt hatte … und zwar noch gar nicht lange her: Beim Skifahren.

Rhythmus gefunden

Habe ich meinen Rhythmus gefunden, die Harmonie, den Schwung, das Timing, dann bin ich eins mit den Elementen, dann ist alles im Fluss. Und dann ist der Kraftaufwand minimal.

Wichtig ist: Dazu müssen die äußeren Bedingungen überhaupt nicht perfekt sein. Wenn ich meinen harmonischen Schwung gefunden habe, können sich zum Beispiel gerne die Schneeverhältnisse ändern oder die Neigung des Hangs. Ich kann trotzdem im Rhythmus bleiben. Ich muss nur kurz einen Schwung mehr halten oder andere Kleinigkeiten im Bewegungsablauf ein wenig anpassen. Aber die Bewegung ist immer noch meine, der Takt kommt immer noch von innen. Das Ergebnis: Die Kurve sieht von außen immer noch exakt gleich aus, obwohl ich jetzt über Eis fahre statt über weichen Schnee.

Dieser Gleichklang zwischen innerer Zeit und äußeren Umständen katapultiert mich in einen Rausch. Es ist eine unendliche Kraftquelle. Alles geht leicht, aber die Effekte sind gigantisch. Das will ich immer haben …

Außer sich

Ein Problem unserer Zeit ist, dass wir meistens nicht mit unserer Seele synchronisiert sind. Und im falschen Takt zu ticken, das nervt. Wenn der Lebensrhythmus außen nicht mit Ihrem inneren Taktgeber im Einklang schwingt, dann gelingt Ihnen nichts. Dann kochen Sie ein Essen, aber es schmeckt nicht, weil Sie es nicht gut gewürzt haben. Dann wollen Sie etwas schreiben, aber Sie haben eine Blockade im Kopf. Dann wollen Sie im Meeting etwas sagen, aber Sie finden keine Lücke im Gespräch. Dann haben Sie Lust auf Sex mit Ihrem Partner, aber es macht keinen Spaß, weil es an diesem Tag irgendwie nicht passt. Entweder sind Sie hektisch und fahrig oder Sie sind genervt und gelangweilt, fühlen sich ausgebremst. Genau: Die ganze Welt scheint aus Bremsern oder Stressern zu bestehen. Dabei liegt das Problem ganz bei Ihnen: Sie sind außer sich. 

In diesem Zustand haben Sie keinen Zugang zu Ihrem Potenzial. Sie fühlen Ihre Kraft nicht. Ihr innerer Zufluchtsort ist Ihnen verschlossen. Ihr unerschöpfliches Reservoir an Lebenskraft ist für Sie nicht erreichbar. Alles kostet Sie Kraft. Sie fühlen sich abhängig von anderen. 

Was Sie nun dringend brauchen, ist ihr eigenes Tempo. Und das finden Sie einfach nicht, wenn lauter Menschen um Sie herum sind, die anders ticken als Sie. Sie brauchen Achtsamkeit und Ruhe, um Ihren eigenen Takt wieder zu spüren. Das geht aber nicht, wenn Sie fremdbestimmt, von außen gesteuert, nach außen gerichtet, erlebnisorientiert sind. Wenn Sie mithalten wollen, mitgehen möchten, Vorgaben erfüllen möchten. Sie müssen zuerst mal von der Außenorientierung umschalten und beginnen, in sich hinein zu lauschen.