Lästern geht nicht ins Gesicht

Achtsamkeit, Respekt
Lästern, Stefan, Reutter, Blog

„Ich werde jeden Tag dafür beten, dass du stirbst, du verdreckte Hure.“

Gemeint war die Moderatorin Dunja Hayali. Der Name desjenigen, der da beim Lästern über jedes Ziel hinausgeschossen ist, ist nicht so bekannt. Oder besser gesagt: Er hat seinen echten Namen hinter einem Avatar versteckt. Die Botschaft stand als Kommentar in Frau Hayalis Facebook-Account, nachdem sie ihre Meinung zu den Anschlägen auf Flüchtlinge in Freital 2015 gepostet hatte.

Lästern passiert heute nicht mehr nur hinter dem Rücken der Betroffenen, es wird nicht mehr nur gewispert. Die bösen Worte werden via Internet laut in die Welt hinausposaunt. Doch ihr Gesicht zeigen die, die lästern, auch weiterhin nicht. Warum eigentlich?

Ventil explodiert

Wir alle haben das Bedürfnis, uns zu äußern. Wenn wir uns aber nicht trauen, offen und ehrlich unsere Meinung zu sagen, muss sie ja trotzdem irgendwie raus. Also suchen wir uns einen Kreis dafür. Einen, zu dem der, über den wir lästern, nicht gehört. Einen, in dem wir sicher sein können, dass wir auch noch Bestätigung für unsere Meinung bekommen. Dort lästern wir, was das Zeug hält. Das war auch schon vor dem Internet so. Denken Sie nur an die Grüppchen, die in der Pause auf dem Schulhof tuschelten.

Und seit es die sozialen Medien gibt, können wir sogar in aller Öffentlichkeit lästern. Das Internet bietet ein Ventil, das zu einer wahren Explosion des Lästerns geführt hat. Ohne die eigene Meinung dem anderen jemals ins Gesicht sagen zu müssen. 

Was glauben Sie, welche Antwort Sie bekommen, wenn Sie einen Lästerer fragen, was er sich dabei denkt? Ich glaube, er wird mit den Schultern zucken und sagen: „Wieso? Das machen doch alle so.“

Ich fürchte, er hat recht.

Lästern ist das neue Reden

Ehrlich seine Meinung zu äußern, ist nicht mehr normal. Lästern ist normal. Und wenn doch mal einer klar und ehrlich sagt, was er denkt, vermuten alle ganz andere Hintergedanken. Als Christian Lindner für die FDP die Koalitionsgespräche platzen ließ mit den Worten: „Es ist besser, nicht zu regieren, als falsch zu regieren“, wurde ihm alles Mögliche unterstellt: dass die FDP mit ihrer Absage die große Bühne gesucht habe, dass Christian Lindner eine One-Man-Show inszenieren wolle. Die SPD-Politikerin Saskia Esken verbreitete über Twitter den Vorwurf, Herr Lindner alleine habe das Scheitern zu verantworten.

Dieses wüste Lästern um eine ehrliche Entscheidung zeigt mir, dass offenes Ansprechen, Aufrichtigkeit und eine starke eigene Meinung heute so ungewöhnlich geworden sind, dass keiner mehr daran glaubt. Was bleibt, ist Heucheln, Falschtun, Lästern.

Das kann es doch nicht sein. Sonst geht unsere Gesellschaft vor die Läster-Hunde. Und das will ich nicht. Also streiten Sie lieber offen mit mir

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