Schluss mit der Züchtung von Weicheiern

Auftreten und Wirkung
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„Sag mal, hast du das mal selber probiert? Das schmeckt ja furchtbar. Was hast du da nur für einen Mist zusammengerührt? Das kann ja kein Mensch essen. Sorry, aber das machst du jetzt gleich nochmal, bis das Dessert was wird …“

Ja ja, in einer Gastronomieküche herrscht ein rauer Ton. Doch womit dieser Küchenchef sicher nicht gerechnet hätte: Am nächsten Tag ging besagte Auszubildende zum Chef – und im Schlepptau Frau Mama. Kein Scherz, wahre Geschichte!

Da frag ich mich schon, was da falsch läuft …

Warum, verdammt noch mal, wird die gesellschaftliche Züchtung von Weicheiern nicht frühzeitig unterbunden?

Feedback? Aber bitte nur, wenn’s gut ist

Doch glauben Sie nicht, dass solche Fälle nur in der Gastronomie auftreten, in fast jedem Unternehmen schlagen sich die Beteiligten mit besagtem Verhalten rum. Dabei schreit die junge Generation ja quasi gerne nach Feedback. Aber bitte nur, wenn es auch positiv ausfällt – dann immer her damit.

Kommt allerdings Kritik auf den Tisch, verwandelt sich der junge Mitarbeiter in Windeseile in eine beleidigte Leberwurst. Die vermeintliche Lösung ist dann auch rasant gefunden: Die Eltern, der Partner, die Führungskraft oder der Betriebsrat müssen die unverschämte Angelegenheit richten. Im schlimmsten Fall mit dem Abbruch der Ausbildung oder der Kündigung des Jobs.

Klar, diese Weicheier wissen ja nicht, wie ihnen geschieht. Sie sind ja auch ihr ganzes Leben lang nicht auf echte Kritik vorbereitet worden – weder im Elternhaus, da hat man ihnen das meiste abgenommen, noch in der Schule. Fähigkeiten braucht das Kind und möglichst viele absolvierte Kurse mit Zertifikat und so. Die Persönlichkeitsbildung schmiert in der Prioritätenliste leider ab.

Also vielen Dank, liebe Erziehende, wegen euch muss sich kein Kind mehr mit Andersartigkeit beschäftigen und andere Meinungen akzeptieren lernen! Die Fähigkeit, Kritik aufnehmen zu können, wird noch in der Schule im Keim erstickt. Wahre Streitkultur? Ein Traum aus vergangener Zeit.

Die Züchtung von schwachen Mitarbeitern

Das Ergebnis dieser Züchtung können Sie dann ganz wunderbar auf sämtlichen Schulabschlussfeiern begutachten: schwache und überbehütete potenzielle Mitarbeiter.

Doch das allein reicht nicht … Auch die Einstellung zur Arbeit stimmt bei manchen Eigengewächsen nicht. Prinzipiell sind sie einfach nur froh, wenn sie irgendeine Anstellung bekommen. Ob das auch zu den Fähigkeiten und Vorstellungen passt, ist zweitrangig. Kein Wunder also, dass die heutige Generation dafür bekannt ist, sich nirgends mehr voller Hingabe reinzuhängen. Bei mir hieß es damals immer so schön: „Stefan, wenn du was willst, dann musst du auch etwas dafür tun.“ – Und dieser Weg kann eben manchmal auch ganz schön anstrengend werden. Aber dieser Ratschlag ist wohl noch nicht zu vielen jungen Arbeitern durchgedrungen.

Wenn Sie allerdings denken, dass der Award für die besten Züchter von schwachen Menschen an die Eltern und Lehrer geht, dann liegen Sie ganz weit daneben. Auch Unternehmer und Führungskräfte selbst leisten ihren Beitrag zu dieser Weicheier-Gesellschaft.

Bloß keine Veränderung

Schon bei der Auswahl ihrer Auszubildenden und Studienabsolventen legen Unternehmen sich ein eigenes Ei. Auf der einen Seite werden sogenannte „High-Potentials“ schon bereits auf der Uni angeheuert und hofiert und auf der anderen Seite ist der Anspruch von manchen Unternehmen unterirdisch. Da reichen schon mal die Besten der Schlechten. Die Folge: Das Gesamtniveau der Angestellten sinkt immer mehr. Mitarbeiter mit Streitkultur und herausstechender Persönlichkeit werden zur absoluten Rarität im Unternehmen. Klar, die werden in erster Linie ja auch nicht gesucht. Die könnten ja Veränderungen hervorrufen und den Laden mal wieder ordentlich anheizen. Achtung, allerhöchste Gefahr!

Und zwar Gefahr vor Erfolg: Denn wenn Unternehmer mit in die „Erziehung“ einsteigen, winkt Großes.

Durch die richtige Förderung können mittelmäßige Mitarbeiter zu Hervorragenden werden. Führungskräfte und Unternehmensinhaber haben diese Entwicklung demnach selber in der Hand und ich gehe noch einen Schritt weiter: Ich bin der Meinung, dass Vorgesetzte in der Pflicht sind, sich vom ersten Arbeitstag an auch um die Weiterentwicklung der Persönlichkeit und der Streitkultur der Mitarbeiter zu kümmern. Unternehmen haben schlichtweg den Auftrag, Menschen die bei ihnen arbeiten, besser zu machen. Nur so können diese auch die gewünschten Anforderungen erfüllen.

Verständnis für die Schwachen

Ich kann diese Generation von Schwachen ja auch irgendwie verstehen: Die wissen nicht einmal, wer sie sind und welche Motive sie haben. Mit diesem Hintergrund und den fehlenden Kenntnissen von Kritik ist es ja kein Wunder, dass sie mit schlechtem Feedback nicht umgehen können. Also gibt es für den jungen Menschen nur zwei Handlungsmöglichkeiten: Entweder er greift an, wird pampig und denkt sich: „Scheiß Job, ihr könnt mich alle mal.“ oder er zieht sich zurück, geht nach Hause und heult die Laken nass.

Um ihnen eine neue Alternative aufzuzeigen, nämlich dass Streiten gut ist, muss wohl oder übel das Unternehmen selbst ran. Ich weiß, zum kotzen … Aber wer soll denn sonst diesen Dienst übernehmen?

Ganz sicher wird das kein leichter Weg – weder für den jungen Menschen, noch für den neuen „Erzieher“. Aber das Ergebnis wird umso überzeugender sein: In Unternehmen arbeiten dann nur noch Mitarbeiter, die nicht länger zur schwachen Gesellschaft gehören und auch konstruktiv mit Kritik umgehen können. Dann können Mami und Papi auch getrost daheim bleiben. Das hat doch auch was!

1 Kommentar. Hinterlasse eine Antwort

  • Burkhard Müller
    3. Dezember 2019 11:01

    Danke für die wahren Worte. Helikopter-, oder Rasenmäher Eltern lassen Persönlichkeiten nicht entstehen. Sie schieben die Verantwortung für die Erziehung erst auf die Lehrer und dann sind wir Ausbilder dran. Sicher, starke Persönlichkeiten sind nicht einfach aber die Zukunft

    Antworten

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