Nicht immer kommen nur die Harten in den Garten

Auftreten und Wirkung
Meinung, Kommunikation, Beziehung, Führung, Chef, Unternehmen

Auf Facebook den ganzen Tag ungefiltert die eigene Meinung in die Welt posaunen, den Arbeitskollegen schonungslos ehrlich ins Gesicht sagen, wenn sie Bockmist gebaut haben, und Kritik auf gar keinen Fall auf sich sitzenlassen – wenn Sie diesem Schema folgen, haben Sie wahrhaftig Profil gezeigt und Ihre Meinung vertreten. Nun ja, das ist zumindest die Einschätzung einiger da draußen. Das dachte ich auch lange Zeit. Schließlich war ich meiner Meinung nach ja ehrlich.

Heute bin ich jedoch der Auffassung, dass es einen großen Unterschied macht, ob ich ehrlich jemand die Meinung sage oder ob ich schonungslos offen – ohne Rücksicht auf Verluste – ihm meine Meinung ins Gesicht blase.

Mit Worten schlagen

Verstehen Sie mich bitte nicht falsch, dieser Blog soll sicherlich kein Aufruf dazu sein, dass Sie den Mund halten und sich mit Ihrer Meinung im stillen Kämmerlein verkriechen sollen. Nein, ich bin einfach nur der Überzeugung, um Profil zu zeigen und die eigene Meinung zu vertreten, brauchen Sie mehr als nur sinnlos draufzuhauen – vor allem verbal.

Denn dass besonders Worte unglaublich brutal sein können, habe ich erst vor Kurzem wieder in einem meiner Coachings festgestellt. Eine Führungskraft erzählte mir von ihren Kollegen – nicht gerade auf die feine englische Art: „Die Idioten kriegen nichts auf die Reihe, das sind einfach alles Arschlöcher!“ Und das ist nur die zensierte Version … Ich schrieb mir beiläufig alle Wörter auf – so mache ich das immer. Denn Worte sagen viel über die Geisteshaltung eines Menschen aus. Am Ende ihres Monologs spiegelte ich der Führungskraft ihre Worte wider. Das Schlimme: Ihr war überhaupt nicht klar, wie sie bei solchen Aussagen rüberkommt. Nämlich bissig und respektlos.

Voll auf die Fresse!

So ist das bei vielen Menschen. Wenn diese in einer Diskussion ihrem Gegenüber permanent nur mit Worten auf die Fresse hauen, dann hat das damit zu tun, dass sie es häufig mit der Ehrlichkeit übertreiben. Und dann gleicht das mehr einem hirnlosen Agieren, statt einer konstruktiven Meinungsäußerung. Auch wenn es heutzutage oft heißt, man müsse mit der eigenen Meinung polarisieren, man müsse „echt“ sein, Kante zeigen und auf keinen Fall mit dem Strom schwimmen – es ist doch Schwachsinn, dass nur die Harten in den Garten kommen! Es geht auch um die Qualität dessen, was wir sagen und wie wir es sagen.

Denn ich meine, dass nicht nur die „Harten“ Profil zeigen können, sondern auch die, die Rücksicht auf die Gefühle Anderer nehmen und diese in ihrer Kommunikation auch berücksichtigen. Die, die eine andere Einstellung im Leben haben. Die, die ehrlich zu anderen Menschen sein wollen und die, die respektvoll denken. Das bedeutet nicht, dass ich nicht meine Meinung sage. Ich sage sie einfach in einer anderen, einer reflektierteren Art und Weise. Ich überlege mir, ob ich diese Art meiner Kommunikation selbst aushalten würde. Denn wenn ich Musik mache, muss ich auch darauf tanzen können!

Wenn das Meinungs-Echo zurückschallt …

In der heutigen Gesellschaft ist das leider keine Selbstverständlichkeit mehr. Statt zu dem zu stehen, was die Menschen sagen, wechseln sie lieber ihre Meinungen wie ihre Unterhosen. Und wenn doch mal ein Echo auf ihr Verhalten zurückschallt, sind sie völlig erschrocken.

Das kommt für mich nicht infrage. Stattdessen mache ich mir meine Gedanken über die Konsequenzen, BEVOR ich meine Meinung äußere und überlege mir nicht nur, WAS ich sage, sondern auch WIE ich es sage. Ich fahre ganz gut mit dieser Vorgehensweise und bekomme immer wieder von meinen Mitmenschen reflektiert, dass sie mich als meinungsstark, aber eben auch als respektvoll im Umgang mit meinem Gesprächspartner beschreiben. So zeige ich Profil und vermittle, wofür ich stehe und wofür nicht.

Natürlich bleibt auch mit dieser Handlungsweise nicht aus, dass ich hin und wieder polarisiere, doch wissen Sie was?

Das schafft Charakterstärke.

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